BGH-Beschluss zur Verurteilung wegen Kinderpornografie: Bedeutung der Sachverständigengutachten
Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 29. Januar 2025 (Az. 2 StR 482/24) ein Urteil des Landgerichts Wiesbaden aufgehoben, das den Angeklagten wegen Besitzes, Besitzverschaffung und Drittbesitzverschaffung von kinder- und jugendpornografischen Schriften verurteilt hatte. Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung einer ausreichenden Darstellung und Würdigung von Sachverständigengutachten in solchen Verfahren.
Hintergrund des Falls: Das Landgericht Wiesbaden hatte den Angeklagten in mehreren Fällen wegen des Besitzes, der Besitzverschaffung und der Drittbesitzverschaffung von kinder- und jugendpornografischen Bild- und Videodateien verurteilt. Die Taten erstreckten sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Der Angeklagte hatte die Dateien unter anderem über Chatgruppen bezogen und in einigen Fällen an Dritte weitergegeben.
Rechtliche Probleme: Die Revision des Angeklagten vor dem BGH rügte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf, da es den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht genügte. Das Landgericht hatte sich in seiner Urteilsbegründung maßgeblich auf Gutachten eines Sachverständigen gestützt, ohne jedoch deren Inhalt ausreichend darzustellen und zu würdigen.
Entscheidung und Begründung: Der BGH stellte fest, dass das Landgericht zwar nicht verpflichtet war, alle sichergestellten Dateien persönlich in Augenschein zu nehmen, und sich auf die Expertise eines Sachverständigen stützen durfte. Jedoch muss das Gericht in seiner Urteilsbegründung nachvollziehbar darlegen, auf welcher Grundlage der Sachverständige zu seinen Schlussfolgerungen gelangt ist und warum das Gericht diesen Schlussfolgerungen folgt. Im vorliegenden Fall fehlte es an einer solchen Darstellung. Es war weder die Aufgabenstellung des Sachverständigen noch seine Begutachtungsmethode ersichtlich. Daher konnte der BGH die Überzeugungsbildung des Landgerichts nicht nachvollziehen.
Auswirkungen: Der Beschluss des BGH unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und transparenten Darstellung von Sachverständigengutachten in Strafverfahren, insbesondere bei Delikten im Zusammenhang mit kinder- und jugendpornografischen Schriften. Gerichte müssen sicherstellen, dass die Grundlage der Sachverständigenbewertung für die Urteilsfindung nachvollziehbar ist.
Schlussfolgerung: Die Aufhebung des Urteils durch den BGH verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Urteilsbegründung in Strafverfahren. Die bloße Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten genügt nicht. Vielmehr muss das Gericht die wesentlichen Inhalte des Gutachtens und seine eigene Bewertung der gutachterlichen Schlussfolgerungen nachvollziehbar darlegen. Das neue Tatgericht wird nun die Aufgabe haben, die Feststellungen zu den kinder- und jugendpornografischen Schriften unter Berücksichtigung der Vorgaben des BGH zu überprüfen und gegebenenfalls neue Feststellungen zu treffen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. Januar 2025, Az. 2 StR 482/24 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs).