BGH-Urteil zu Schadensersatz bei unzulässigen Abschalteinrichtungen
Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 04.12.2024 ein wichtiges Urteil (VIa ZR 618/21) zum Thema Schadensersatzansprüche bei unzulässigen Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen gefällt. Das Urteil hebt ein vorheriges Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg auf und verweist die Sache zurück an das Berufungsgericht.
Sachverhalt:
Der Kläger erwarb im Februar 2015 einen VW Golf Sportsvan 1.6 Diesel mit einem Motor der Baureihe EA 288 (Schadstoffklasse Euro 6). Im April 2021 verkaufte er das Fahrzeug. Er klagte gegen den Hersteller auf Schadensersatz, da das Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung enthielt. Der Kläger verlangte den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung und des Weiterveräußerungserlöses sowie Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Rechtliche Probleme:
Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen, da es keinen Schaden sah. Es argumentierte, dass ex post keine Betriebsuntersagung oder -beschränkung drohte und das Verhalten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) nach Vertragsschluss zu berücksichtigen sei. Der BGH sah dies anders und stellte klar, dass für die Schadensbeurteilung der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich ist. Zudem hatte das Berufungsgericht die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht geprüft.
Entscheidung und Begründung des BGH:
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf. Er argumentierte, dass das Verhalten des KBA nach Vertragsschluss nicht relevant für die Schadensbeurteilung sei. Maßgeblich sei die zum Zeitpunkt des Kaufes bestehende Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung. Der BGH betonte, dass ein Käufer bei Kenntnis dieser Gefahr vom Kauf abgesehen hätte. Weiterhin stellte der BGH klar, dass die §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind und dem Käufer einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens ermöglichen.
Auswirkungen:
Das Urteil stärkt die Rechte der Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Es verdeutlicht, dass die Gefahr einer Betriebseinschränkung zum Zeitpunkt des Kaufes für einen Schaden ausreichend ist, unabhängig vom tatsächlichen späteren Verhalten der Behörden. Die Berücksichtigung des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den genannten EG-FGV-Vorschriften eröffnet den Käufern einen weiteren Weg zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.
Schlussfolgerung:
Das BGH-Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Rechtsprechung zu Diesel-Abgasskandal. Es präzisiert die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche und bietet Käufern betroffener Fahrzeuge bessere Chancen auf Entschädigung. Die Entscheidung des Berufungsgerichts nach der Zurückverweisung bleibt abzuwarten.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.12.2024 - VIa ZR 618/21 (abgerufen vom deutschen Rechtsprechungsportal)